In den letzten beiden Artikeln habe ich dir gezeigt, wie du ein System für deine digitale Ordnung entwickelst und wie du beim potenziell stundenlangen Ausmisten motiviert bleibst. In diesem Artikel geht es nun um das dritte wichtige Element einer funktionierenden digitalen Ordnung: Ein effizientes In-System.
Was ist ein In-System?
Als In-System bezeichne ich die Klarheit darüber, was mit all den Dateien, die in dein digitales System hereinkommen, passieren soll.
Was tust du als erstes damit?
Wie legst du sie ab?
Wann schaust du die Dinge, die nicht sofort dran sind, wieder an?
Kurz: Wie sorgst du dafür, dass deine Ordnung erhalten bleibt?
Was muss dein In-System können?
Alle Dateien gründlich sortiert zu haben ist toll, aber leider nicht von Dauer. Die ganze schöne Ordnung ist für die Katz, wenn du in Zukunft alle Dateien wieder auf einen Haufen schmeißt. Dein In-System soll das verhindern, indem es dir klare Anweisungen an die Hand gibt, was womit passieren soll. Damit das nicht einfach nur unglaublich viel zusätzlicher Verwaltungsaufwand wird, muss dein In-System 3 Kriterien erfüllen:
- So simpel wie möglich, so komplex wie nötig
Wenn du eine halbe Stunde brauchst, um eine Datei in den richtigen Unterordner zu befördern, korrekt zu taggen, womöglich noch mit einer Verknüpfung zu versehen und drei Backups davon zu machen, ist dein System zu komplex. Wenn du die halbe Stunde brauchst, um die Datei wiederzufinden, weil du sie einfach mit allem anderen zusammengeschmissen hast, ist es zu simpel. Ideal ist dein System, wenn es regelmäßig mehr Arbeit abnimmt als macht. - Nachvollziehbar und replizierbar
Das noch so ausgefeilteste System nützt dir nichts, wenn du in einem halben Jahr vergessen hast, wie es funktioniert. Arbeite daher mit möglichst wenigen Abkürzungen, Symbolen, vagen Bezeichnungen usw. Optimal ist, wenn auch jemand, der dein System nicht kennt, es mit wenig Hilfe verstehen kann. - Auch im Workflow anwendbar
Wenn du gerade kreativ bist, stören Verwaltungsaufgaben deinen Flow. Es spricht daher nicht grundsätzlich etwas dagegen, die Dateien erstmal in einem Eingangskorb zu sammeln – solange du sie da auch regelmäßig wieder rausholst und weiterverarbeitest. Finde einen guten Mittelweg zwischen schnellem Umgang mit einer Datei und der dauerhaften Aufrechterhaltung deiner digitalen Ordnung. Beides ist wichtig!
Was muss dein In-System nicht können?
- Du musst nicht jede hereinkommende Datei sofort im Detail bearbeiten. Manche Dinge benötigen Zeit, bis einem klar ist, was genau man damit anfangen will.
- Dein System muss nicht jede Eventualität abdecken. Es wird immer etwas geben, was nicht mehr in deine bisherigen Überlegungen passt – ein neues Dateiformat, ein multimediales Projekt, eine Datei, die andere Ansprüche erfüllen muss als bisher … Grüble nicht stundenlang daran herum, wie du diesen Sonderfall in dein System integriert bekommst, sondern konzentriere dich erst einmal darauf, das, was du damit vor hast, umzusetzen. Den Projektordner kannst du dann immer noch neu bewerten und einsortieren.
- Du musst keine Tools anwenden, bloß weil es sie gibt. Ja, es gibt theoretisch die Möglichkeit, mittels automatisierenden Programmen Zeit bei der Datensortierung zu sparen. Rechne dabei aber immer auch ein, wie lange du brauchst, um sie zu finden, herunter zu laden, zu installieren, einzurichten und regelmäßig zu aktualisieren. Nutze nur die Tools, die auch wirklich zu deinen Bedürfnissen und deinem Workflow passen.
Der Übergang vom Eingang zur Ablage
Bei einem In-System gibt es zwei Fragen zu beantworten:
- Wo kommen neue Dateien her?
- Wann werden sie abgelegt?
Um Frage 1 zu beantworten, liste einmal alle Eingangstüren auf, durch die Dateien in dein System kommen.
Bei mir kommen die meisten neuen Dateien durch Emails, Downloads und die Arbeit mit Evernote hinzu. Bei Evernote gibt es außerdem noch drei verschiedene Arten von Dateien: Selbst angelegte Notizen (z.B. Texte), Scans und Clips (vom Evernote Webclipper, mit dem ich mir z.B. interessante Blogartikel archiviere). Seltener kommen bei mir z.B. Fotos und Videos, Musik oder Programme von CDs (also nicht Downloads) oder auch neue Lesezeichen im Browser dazu.
Frage 2 hängt stark davon ab, wie du am besten arbeiten kannst. Ich schätze es sehr, Dinge erst einmal sammeln zu können und nicht sofort verarbeiten zu müssen. Für mich ist es daher effizient, mehrere – klar definierte – Eingangskörbe zu haben, die ich dann regelmäßig aussortiere. Wenn es für dich besser funktioniert, alles sofort zu verräumen, tu das!
Ich habe folgende Eingangskörbe für mich definiert:
- Email-Posteingänge (zusammengefasst in Thunderbird) – logisch, hier kommen alle Emails herein. Da hier viel Fluktuation herrscht, wird ca. 1x am Tag alles verteilt. Nur Emails, bei denen noch eine Korrespondenz läuft, bleiben in Thunderbird, reine Informationen werden mit meiner Evernote-Emailadresse an mein Evernote weitergeleitet.
- Evernote-Eingang: Dies ist wohl der relevanteste Eingangskorb für meine Ordnung. Hier landet alles, was aus den Emails kommt, außerdem Scans und alles, was ich mit dem Webclipper aus dem Internet ziehe (z.B. interessante Blogartikel). Dieser wird ca. 1x die Woche geleert.
Ergänzung: Warum Evernote und nicht irgendein anderes Programm? Kurz gesagt, weil es die meisten Funktionen bietet, die mir wichtig sind, und mir sympathisch ist.
Edit: Ich bin inzwischen auf Zoho Notebook umgestiegen, da ich Evernotes Preispolitik nicht gut finde. Die Prinzipien sind aber dieselben geblieben.
Wenn du dir unsicher bist, welches Programm für dich das richtige ist, schau dir Vergleiche wie z.B. diesen an und/oder probiere einfach ein paar Testversionen aus. Wenn du weißt, welchen Platzhirsch du nicht möchtest, kannst du mit dem Schlagwort „Alternativen zu“ etwas Passendes für dich finden. - Der Download-Ordner. Simpel, hier landet alles, was ich aus dem Internet runterlade (was nicht z.B. über den Webclipper gleich im Evernote landet). Das kann etwas sein, was ich nur kurz brauche, Material, das ich noch weiter bearbeite, oder Dinge, die letztlich im Archiv landen sollen. Hier ist die Unterschiedlichkeit der Dateien besonders groß, was ein zügiges Aussortieren sinnvoll macht. Gleichzeitig ist hier die Komplexität am höchsten, weil es sein kann, dass ich manche Dinge für mehr als einen Zweck brauche und deshalb nicht sofort zuordnen kann. Hier verschaffe ich mir ca. 1x pro Woche einen groben Überblick, lösche nicht mehr Benötigtes und verteile alles, was klar ist. Dinge, die unklar sind, bleiben aber auch oft einfach noch eine Weile hier. Einmal im Monat wird dann nochmal gründlicher aussortiert und ich mache mir bei allem, was ich nicht so recht zuordnen kann, nochmal ausgiebiger Gedanken.
- Dazu kommen getrennte Systeme wie der Handy-Speicher und der Laptop, diese werden ebenfalls regelmäßig geprüft und mit dem Rest zusammengeführt.
- In seltenen Fällen verwende ich auch die vorgefertigten Ordner „Dokumente“, „Bilder“, „Musik“ und „Videos“, insbesondere, wenn ich Zwischenergebnisse von laufenden Projekten aus Programmen heraus speichere. Grundsätzlich werden diese wie der Download-Ordner gehandhabt: Regelmäßig prüfen, ausmisten und die Dateien korrekt einsortieren.
Damit ich meine Eingänge auch regelmäßig leere, habe ich mir in Todoist jeweils eine entsprechende Aufgabe angelegt. Wenn du nicht alles sofort verräumst, lege dir auf jeden Fall irgendeine Form von Erinnerung an, damit du dich regelmäßig darum kümmerst, die Dateien einzusortieren!
In meinem Onlinekurs „Digital ausmisten“ zeige ich dir, wie du effektiv all deine digitalen Systeme säubern und wieder in einen Zustand versetzt, mit dem du entspannt arbeiten kannst. Das Umsetzer-Upgrade hilft dir mit wöchentlichen Impuls-Emails, regelmäßigen Co-Workings und VIP-Emailsupport, Hindernisse schnell zu überwinden und so lange dran zu bleiben, bis sich alles wieder rund anfühlt.
Fazit
Du kennst jetzt die drei Grundprinzipien beim Aufbau deiner digitalen Ordnung: Das Ablagesystem, das – wenn du dran bleibst einmalige – große Sortieren und das In-System.
Mach dich nicht verrückt, wenn nicht auf Anhieb alles an seinen Platz fällt. Jedes gute System braucht ab und zu Nachjustierung, und je größer das Chaos, das sich über lange Zeit unbemerkt angesammelt hat, desto länger braucht auch das Entwirren. Vergiss nicht, dass du einen Großteil deiner alten Dateien auch einfach in ein Archiv schmeißen und bei Bedarf die Suchfunktion nutzen kannst. Dann mach es mit den neuen Dateien besser. Denk immer daran: Deine Ordnung ist dazu da, um dich zu unterstützen. Sorgt sie für mehr Frust, als sie beseitigt, wechsel die schlechte Teile gegen bessere aus.
Ich habe meiner digitalen Ordnung jetzt einige Wochen Zeit gewidmet. Bin ich „fertig“ geworden? Noch nicht. Ich habe ein grundlegendes System, das Fertigsortieren und Nachjustieren steht noch aus. Allerdings habe ich in dieser Zeit auch noch andere Projekte bearbeitet, es wäre also verkehrt zu behaupten, eine digitale Ordnung in drei Wochen aufzustellen sei nicht möglich.
Umgekehrt ist es auch schlichtweg nicht notwendig, eine schnelle Lösung zu erzwingen. Ein vollgestopftes Haus lässt sich schließlich auch nicht entspannt innerhalb kurzer Zeit gründlich aussortieren, eine Festplatte ist da nicht anders. Zumal ich mir eine Rundum-Erneuerung samt Zusatzgeräten, Browsern etc. vorgenommen habe. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass die Grundlagen bereits funktionieren und sich auch das sukzessive Angleichen des Vorhandenen lohnen wird.
Das wichtigste ist, nicht wieder in das Muster „das mach ich irgendwann mal“ zurück zu fallen. Dann werde ich dieses Jahr noch ein funktionierendes digitales Ablagesystem mein Eigen nennen. Und wenn es denselben Boost für meine Produktivität bietet wie mein papierarmes Büro, na dann holla die Waldfee …