Wer sich mit dem Thema Zeitmanagement befasst, wird früher oder später der “Eisenhower-Matrix” begegnen (die eigentlich gar nicht von Eisenhower benutzt wurde). Auch ich habe sie in meinem letzten Artikel zum Thema To-do-Listen-Überarbeitung erwähnt. Zwar gibt es schon die eine oder andere Erklärung zur Eisenhower-Matrix, ich setze mich jedoch heute nicht nur damit auseinander, welche Vorteile diese Methode hat, sondern auch, wo ihre Schwächen liegen. Damit kannst du einschätzen, ob sie für dich nützlich ist oder nicht.
Was ist die Eisenhower-Matrix?
Die Eisenhower-Matrix oder auch das Eisenhower-Prinzip ist eine Methode, um die eigenen Aufgaben effizienter zu bearbeiten.
Menschen neigen dazu, das, was sie direkt sehen können, stärker wahrzunehmen als das, was irgendwo im Hintergrund liegt. Das gilt auch für Aufgaben. Deadlines, “kannst du mal eben schnell”-Kollegen oder drängende Kinder fordern deine sofortige und ungeteilte Aufmerksamkeit. Dummerweise sind es oft die Themen, an die man nicht ständig erinnert wird, die langfristig die größeren Auswirkungen auf unser Leben haben.
An den Sport erinnerst du dich erst, wenn dir mal wieder der Rücken weh tut, und dann hast du erst recht keine Lust zu trainieren. Dein Roman liegt schon seit Monaten angefangen in der Schublade, aber wenn du mal Zeit dafür hast, kommst du schon nicht mehr in die Geschichte rein, und dann kannst du auch gleich die Präsentation vorbereiten, die in zwei Tagen ansteht, um zumindest morgen etwas entspannter zu sein. Eigentlich solltest du dich mit deinem Partner aussprechen wegen des Streits neulich, aber nicht ausgerechnet, wenn das Familientreffen ansteht.
Dringende Aufgaben übernehmen schnell die Kontrolle über unser Leben. Dabei geht Wichtiges verloren, wird immer wieder weggeschoben und schließlich vergessen, bis irgendwann der reumütige Blick zurück geworfen wird.
Das Gegenmittel für dieses Problem ist die Eisenhower-Matrix. Hierbei werden die vorhandenen Aufgaben nach “wichtig” und “dringend” sortiert und in vier Kategorien eingeteilt. Für jede Kategorie gibt es dann eine entsprechende Handlungsanweisung:
- wichtig + dringend -> erledigen (do)
- wichtig + nicht dringend -> terminieren (decide)
- nicht wichtig + dringend -> delegieren (delegate)
- nicht wichtig + nicht dringend -> entsorgen (delete)
Kleiner Exkurs zur Historie
Der amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower hat angeblich seinen Tisch in vier Quadranten geteilt und neu Hereinkommendes gleich an die entsprechende Stelle gelegt. Das dürfte allerdings eher eine erfundene Anekdote sein.
“Es gibt keine Hinweise darauf, dass der namensgebende US-Präsident und Alliierten-General Dwight D. Eisenhower sie selbst praktiziert oder gelehrt hat. Der Bezug auf Eisenhower geht vielmehr auf eine Rede zurück, in der er 1954 einen ungenannten früheren Hochschulpräsidenten folgendermaßen zitierte: “I have two kinds of problems, the urgent and the important. The urgent are not important, and the important are never urgent.”
Wikipedia
Alternativen in der Darstellung
Natürlich musst du nicht alle Aufgaben auf Zettel notieren und auf dem ganzen Tisch verteilen.
- Du kannst genauso gut ein Blatt Papier nehmen, mit einem Kreuz in der Mitte vier Quadranten abteilen und dort hinein deine Aufgaben sortieren.
- Oder du schreibst eine ganz klassische Liste von oben nach unten und markierst alles mit Farben.
- Benutzt du eine elektronische To-do-Liste wie z.B. Todoist, kannst du deine Aufgaben auch mit virtuellen Etiketten (Tags) versehen und sie sogar entsprechend sortieren lassen. Eine Anleitung dazu findest du hier.
Kurz gesagt: du musst nicht bei Null anfangen, um die Eisenhower-Matrix zu benutzen. Nimm dir deine vorhandene To-do-Liste und sortiere sie in irgendeiner Weise nach “wichtig” und “dringend”. Dann behandle die Aufgaben entsprechend.
Vorteile der Eisenhower-Matrix
- Neue Sichtweise auf deine Aufgaben -> Loslösung vom Diktat des Dringenden
- (theoretisch) klare Handlungsanweisungen für jede Kategorie (mehr dazu weiter unten)
- Sortierung dünnt Aufgaben aus und sorgt so für Entlastung
Das klingt ja alles ganz schön und gut. Allerdings hat diese Methode auch einen großen Nachteil, der es aber in sich hat:
Der große Nachteil der Eisenhower-Matrix
Klingt ja eigentlich ganz einfach: nach wichtig und dringend sortieren und entsprechend abhandeln. Aber: Was ist denn eigentlich wichtig und was dringend? Woher soll man das wissen? Dazu gibt die Matrix keine Antwort, es gibt keine klare Definition dafür, was in welche Kategorie fällt.
Offensichtlich dringend ist alles, was eine Deadline hat, z.B. eine Rechnung zu bezahlen oder einen Vortrag fertig zu machen. Auf der anderen Seite: Ist es nicht auch dringend mal wieder Zeit, den Abwasch zu erledigen? Was ist mit Dingen, die ich nicht unbedingt heute machen muss, die aber regelmäßig zu tun sinnvoll sind, wie z.B. Sport zu machen? Ist das nun dringend oder nicht?
Und wie ist es mit “wichtig”? Das kommt darauf an, wonach man fragt.
Die Steuererklärung zum Beispiel. Ist es wichtig, mich darum zu kümmern, weil ich sonst auf Geld verzichte oder womöglich Ärger mit dem Amt bekomme? Ja. Ist es wichtig, mich darum zu kümmern, weil ich auf dem Sterbebett nicht mehr in den Spiegel blicken kann, wenn ich es nicht tue? Wohl kaum. Ist sie nun wichtig oder nicht?
Wie wichtig ist ein einzelner Newsletter, den ich an meine Kunden verschicke? Nicht so sehr. Aber mich regelmäßig um guten Input zu kümmern, wirkt sich auf die Wahrnehmung meiner Kunden aus – und damit auf meinen Ruf und meinen Erfolg. Das ist dann doch wieder wichtig.
Und was ist unwichtig und nicht dringend? Emails lesen? Facebook checken? Schon, aber es deswegen nie wieder zu tun ist auch nicht sinnvoll.
Manche Dinge sind auch zugleich wichtig und unwichtig. Z.B. ist das Schwätzchen mit der Kollegin für die Arbeit nicht wichtig, und muss auch nicht unbedingt jetzt sein. Aber sie immer wieder weg zu schieben, um dich den dringenderen oder wichtigeren Aufgaben zu widmen, kann den sozialen Kontakten schaden – die wiederum sehr wichtig sein können!
Zusammengefasst:
Einzelne Aufgaben sind selten an und für sich besonders wichtig oder dringend. Sie werden es erst durch den Kontext und ihr Zusammenspiel mit allen anderen Aufgaben. Das kann die Eisenhower-Matrix nicht abbilden. Deswegen ist sie nur für einfache Sortierungen geeignet, versagt aber bei komplexeren Problemstellungen – die unser Leben jedoch meistens ausmachen.
Was ist die Alternative?
Natürlich gibt es noch zig andere Methoden, die du statt oder zusätzlich zur Eisenhower-Matrix nutzen kannst. Viel wichtiger als die konkrete Methode ist jedoch die Idee dahinter: Deine Aufgaben so zu organisieren, dass DU sie sinnvoll erledigt bekommst.
Bevor du dich in der Suche nach der “ulitmativen” Organisationsmethode verzettelst: Fang einfach an.
Es klingt im ersten Moment chaotisch, ist jedoch im Endeffekt effektiver als zu versuchen, deine Aufgaben genau auf ihre Wichtigkeit zu analysieren: Geh nach Gefühl vor und justiere nach.
Manchmal weißt du erst im Nachhinein, was dir wie wichtig war. Manchmal kannst du nicht abschätzen, wie lange du brauchst, weißt also auch nicht, wie dringend etwas ist.
Verliere dich nicht in der Planung, sondern fang an, die Aufgaben anzugehen. Es spricht nichts dagegen, neue Methoden kennenzulernen, aber je mehr Zeit du auf die Methode verwendest, desto weniger Zeit hast du dafür, dich wirklich um die Dinge zu kümmern. Finde eine gute Balance zwischen Aufgaben-Analyse und Aufgaben-Bearbeitung. Dafür gibt es keine Pauschallösung, denn deine Bedürfnisse, auch bei der Aufgaben-Bewertung, sind individuell.
Wenn du nicht weißt, wo du ansetzen sollst, weil du zu viele verschiedene Projekte hast, dann schau dir meinen Mini-Email-kurs “Startpunkt-Finder” an. Er ist für meine Newsletter-Abonnenten kostenlos und du kannst direkt nach der Anmeldung loslegen. Hier geht’s zur Kursseite mit allen Infos inkl. Anmeldeformular:
Fazit
Die Eisenhower-Matrix bietet eine solide Grundlage für den Umgang mit den eigenen Aufgaben. Sie macht dir bewusst, wo du dich von unnötigen Aufgaben herumscheuchen lässt, und hilft dir dabei, dich auf Wichtigeres zu konzentrieren. Wenn du jedoch bereits gelernt hast, dich nicht darauf einzulassen, scheitert sie an der Komplexität und Vielseitigkeit der meisten Aufgaben.
Die Vor- und Nachteile sehe ich auch so.
Gibt es nicht irgendwie die Möglichkeit, diese Zwischenaspekte einzubauen, sodass die Matrix 6 statt 4 Felder hat?
So eine Art “vielleicht“-Feld?
wichtig vielleicht wichtig unwichtig
dringend demnächst dringend nie dringend?
Ich würde mich freuen, wenn Du dazu eine Idee hättest… ich probiere es ab heute mal aus…
Hi Frank,
Danke für deinen Kommentar, das ist auf jeden Fall eine interessante Idee. Ich sehe dabei das Problem, dass letztlich 90% der Aufgaben im Vielleicht-Feld landen und damit nichts gewonnen ist. Außerdem bräuchtest du natürlich auch eine Handlungsanweisung für dieses Feld, und wie würde die aussehen? “Vielleicht irgendwann drum kümmern”? Das bringt dir nicht wirklich mehr, als die Aufgabe einfach nur notiert zu haben. “Demnächst dringend” würde ich dadurch abbilden, dass du dafür einen Termin setzt. Dinge, die erst dringend werden, wenn es vielleicht schon zu spät ist, z.B. Rückenübungen machen, passen da leider immer noch nicht rein.
Ich würde generell die Aufteilung in wichtig und dringend fallen lassen bzw. nur als Anhaltspunkt nehmen. “Unwichtig” ist für mich im Grunde gar nichts, nur “unterschiedlich wichtig”, deswegen finde ich das Thema Prioritäten so hilfreich: Wenn du weißt, was dir WIE wichtig ist, kannst du es auch leichter einordnen. So gesehen bilde ich mit Hilfe meiner Prioritäten den “wichtig”-Teil ab, hier habe ich sogar vier Stufen (in Todoist gibt es vier Flaggen, mit denen man Aufgaben markieren kann). Diese Stufen sind für mich einfach mit P1, P2, P3 und P4 benannt, ich habe keine exakte Definition dafür, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um in einer Stufe zu landen. Das funktioniert trotzdem sehr gut, weil ich mir eben insgesamt klar darüber bin, was mir wie wichtig ist, die Markierung mit den Prioritäten dient in erster Linie der Übersicht. Dringlichkeit bearbeite ich in erster Linie mit Hilfe meines Kalenders bzw. der Terminierungsfunktion von Todoist. Ich checke regelmäßig, was in den nächsten Tagen dran ist, so gehen dringende Aufgaben nicht verloren. Um sowas wie Rechnungen kümmere ich mich meistens sofort oder innerhalb weniger Tage, sodass sie gar nicht erst dringend werden.
Letztlich ist es v.a. wichtig, dass du dir einen Überblick darüber verschaffst, was du wann erledigen willst, wie genau das für dich aussieht, ist dir überlassen. Wenn dir eine gepimpte Eisenhower-Matrix hilft: Super, dann nimm die! Ich persönlich würde sie nicht benutzen, weil ich dabei immer wieder auf Schwierigkeiten stoßen würde, die das Konzept nicht verarbeiten kann.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen. Melde dich gerne, wenn du noch weitere Fragen hast.
Gruß
Iris