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Wie ich guten Gewissens 50% meiner Bücher ausmistete

Ich liebe Bücher. Ich liebe die Magie, die ein gutes Buch ausstrahlt, mit der es dich in eine andere Welt zieht und dich alles andere vergessen lässt. Ich liebe das Geräusch des Umblätterns, das Gefühl des Papiers, den Geruch der Seiten.

Doch manchmal können Bücher auch zur Belastung werden. Weil sie schwer sind, so verdammt schwer, einstauben und einem die Diskrepanz vor Augen führen zwischen dem Glauben, dass einen etwas interessiert, und der tatsächlichen Beschäftigung damit.

In diesem Artikel erzähle ich dir, wie ich es schaffte, mit gutem Gewissen meinen Bücherbesitz um 50% zu reduzieren. 

Warum Bücher ausmisten?

Ich habe Deutsche Literatur und Philosophie studiert, lese gerne Fantasy und bin auch noch an den verschiedensten Sachthemen interessiert. Da kann man sich denken, dass einiges an Lesematerial anfällt. Mehr, als im gleichen Zeitraum zu lesen möglich ist.

Das wollte ich häufig noch nachholen, während natürlich wieder Neues dazu kam. Viele Bücher behielt ich auch, weil ich mir dachte: “Die machen sich bestimmt gut in meiner Bibliothek. Später mal.” So schleppte ich bei jedem Umzug wieder ca. 30 Boxen voller Bücher mit. 

Ich liebe Bücher. Ich glaube auch nicht, dass ich jemals ohne gedruckte Bücher in meinem Haus sein will. Doch diese Menge war einfach zu viel. Ich hatte keine Bibliothek. Und wenn ich eine haben würde, sollte sie nicht mit Büchern voll sein, die mich jahrelang belastet hatten.

Ich wollte eine “erlesene” Auswahl. Bücher, die ich wirklich bewunderte. Wer die Titel las, sollte meine Persönlichkeit widergespiegelt sehen, und ich hatte keine Lust darauf, dass sie nur sahen, dass ich das machte, was andere für wichtig hielten, und damit wahrscheinlich noch nicht mal fertig wurde. Denn gelesen hatte ich viele der ach so tollen Bücher noch nicht. 

Der Ausgangspunkt

Im Zug einer großen Ausmist-Aktion nach der KonMari-Methode (lesenswert: Marie Kondo: Magic Cleaning) wollte ich auch meine Bücher einer gründlichen Prüfung unterziehen. (Kurz gesagt geht es bei dieser Methode darum, alle Gegenstände einer bestimmten Kategorie – in diesem Fall Bücher – an einem Ort zu sammeln, jedes einzeln in die Hand zu nehmen und zu prüfen, ob es einen glücklich macht. Alles, was keine “Freude entfacht”, wird aussortiert. Ich finde diese Methode grundsätzlich sehr gut – einige Probleme davon (und wie ich sie gelöst habe) habe ich in diesem Artikel beschrieben.)

Für mich war es doppelt schwierig, das Thema in Ordnung zu bringen, da ein Großteil meiner Bücher noch in meinem alten Zimmer bei meinen Eltern stand (und in deren Keller, in meinem Zimmer wäre für all die Kisten kaum Platz gewesen). Ich überlegte: Sollte ich wirklich erst einmal alle Bücher in meine neue Wohnung schleppen, nur um sie dann auszumisten?
Ich entschied mich, bei meinem nächsten Besuch etwas mehr Zeit einzuplanen und bereits vor Ort auszumisten. Mein ambitioniertes Ziel war es, mich von 30% meiner Bücher zu trennen.

Vorher: 700 Bücher

In meinem Zimmer stapelten sich die Bücher in den Regalen. Doch damit nicht genug: Ich wusste, dass auch im Keller noch etliche Kisten voll standen.

Also Schritt 1: Alles in mein Zimmer schaffen. Im Schweiße meines Angesichts verfestigte sich in mir der Entschluss, all das nicht beim nächsten Umzug nochmal mitzuschleppen. 

Schritt 2: Aus den Regalen und allen Kisten die Bücher auf den Boden stapeln. Grobe Zählung dabei ergab: ca. 700 Stück. Definitiv zu viel. Zwar hatte ich einige davon schon gelesen, doch sicher waren noch mehrere hundert ungelesene Bücher dabei. 

Ich lese sehr viel – dank Photoreading inzwischen ca. 100 Bücher pro Jahr – doch für die nächsten 5-10 Jahre nur damit beschäftigt zu sein, meine Altbestände “aufzulesen” – das war es mir nicht wert. Die – potenzielle – Freude an den Inhalten würde davon aufgefressen werden, dass ich es als Arbeit empfände. Nein, das wollte ich nicht. 

Zwei Aspekte unterstützten mich dabei, mich nicht von der Anzahl überwältigen zu lassen: 

1. wusste ich, dass sich meine Interessen zum Teil gewandelt hatten, manche Bücher wollte ich schlichtweg nicht mehr lesen. 

2. und das ist wahrscheinlich der größte “Trick” beim Bücher-Aussortieren, hatte ich das Selbstbewusstsein entwickelt, nicht alles gelesen haben zu müssen. Weltliteratur zum Beispiel hatte ich in solchen Mengen angesammelt, dass sie mich deutlich mehr belastete, als mich zu erfreuen.

Zwar genieße ich gelegentliche Klassiker durchaus, doch weiß ich inzwischen um die Alternativen. Wenn ich wirklich mal wieder einen Goethe oder Shakespeare lesen will, werde ich in der Bibliothek fündig oder auch beim Projekt Gutenberg. Der E-Reader übernimmt dann den Rest (z.B. hier lassen sich die Texte vom Projekt Gutenberg in Ebooks umwandeln).

Was den Gedanken angeht, dass man ja bestimmte Werke in seiner Privatbibliothek haben sollte: Das muss wirklich nicht sein. Welcher Gast, mit dem du wirklich eine starke, freundschaftliche Beziehung hast, lässt sich von Büchern beeindrucken, die du nur aus schlechtem Gewissen heraus deinen Platz wegnehmen lässt?

Nur, weil ein Buch gut ist, musst du es nicht gelesen haben. Es könnte dir Freude bereiten, sicher, aber nicht, wenn es nur herumsteht und verstaubt.
Mein Rat: 
Besitze lieber weniger Bücher
und lies dafür mehr!

Iris Brandt

Das große Ausmisten

Warnhinweis:

Schwere Bücher sind schwer. Auch leichte Bücher sind schwer, wenn man sie in Kisten oder stapelweise transportiert. Und Bücher von einem Stapel zum anderen zu hieven, kann ebenfalls eine Belastung sein, z.B. wenn man sie vom einen weiter entfernten Stapel auf den anderen weiter entfernten Stapel umlegt.

Kurz und gut: Ich habe es geschafft, mir bei der Aktion die Schulter zu verrenken, zu zerren oder sonst irgendwas damit zu machen, dass ich die ganze Woche Schmerzen hatte.

Achte beim Ausmisten auf eine moderate Belastung, wärme dich evtl. vorher auf und mach Pausen, besonders wenn du keine gut trainierten Schultern hast. 

So ging ich vor:

Runde 1: Spontanes Entscheiden und Ausdünnen
Jedes Buch einmal kurz in die Hand nehmen. Uninteressantes (auch und gerade Weltliteratur) raus, was eindeutig bleibt zur Seite.
Bilanz Runde 1:  29 bleiben, 133 raus – guter Start

Feststellung: KonMari funktioniert nur teilweise, denn bei vielen Büchern weiß ich ja noch gar nicht, ob sie gut sind, da ich sie eben noch nicht gelesen habe. 

Marie Kondo sagt dazu: “Irgendwann kommt nie”, doch das passt für mich nicht. Ich genieße es, eine große Auswahl zu haben und einen gewissen Vorrat, auch ist es durchaus schon häufiger passiert, dass ich Bücher doch noch gelesen habe, nachdem sie jahrelang unangetastet blieben. Und meist war ich dann sehr froh, sie behalten zu haben. Sicher ist es keine lebensverändernde Tragödie, wenn ich ein Buch ausmiste, das ich dann doch gut gefunden hätte, doch gegen “irgendwann kommt nie” habe ich einen großen Widerstand. 

Somit ging es auch bei Runde 2 nochmal um intuitives Wegtun. Einige veraltete Sachbücher, Romane, die mich nicht mehr reizten, und mehr Weltliteratur flog raus. 
Bilanz: weitere 56 weg
Nun wurde es langsam schwierig. 

In Runde 3 trennte ich die Bücher nach “gelesen”, “mal angefangen” und “nicht gelesen”, außerdem sortierte ich sie nach Kategorien (Philosophie, Weltliteratur, Gedichte, Bildbände, Romane usw.)
Dann begann ich, die einzelnen Kategorien durchzusehen. 

Ungefähr zu dieser Zeit hörte ich auf, die Runden klar zu definieren und einzeln Bilanz zu ziehen. 

Letztlich lief es immer auf dasselbe hinaus: Wollte ich dieses Buch wirklich noch oder nochmal lesen?

In gewissem Sinn ist das dieselbe Frage wie “Entfacht es Freude?”, doch diese konnte ich letztlich erst nach mehrmaligem Umschichten beantworten.

Auch das kurze Anlesen war wichtig für mich. Es kann das komplette Ausmisten gefährden, wenn man sich mittendrin in Bücher zu vertiefen beginnt, daher wanderte jedes Buch, das den kurzen Check bestand, entweder direkt auf den “Behalten”-Stapel oder zum weiteren Vertiefen über die nächsten Tage (z.B. wenn es nur um einzelne interessant klingende Kapitel ging) in einen extra Bereich.

Erstaunlich viele Bücher jedoch konnten dem näheren Blick nicht standhalten. Ein Durchblättern, das Inhaltsverzeichnis oder einige Sätze der ersten Seite verrieten ihre Untauglichkeit, mich zu begeistern. Auch bereits gelesene Bücher entgingen der Prüfung nicht, und von vielen verabschiedete ich mich schnell und schmerzlos. 

Übrigens empfand ich es als sehr hilfreich, die ausgemisteten Bücher immer wieder auf die Seite zu schaffen. Zunächst stapelte ich sie in einem leeren Regalfach, dann im Nebenraum.

Tipp: Wenn du die Bücher mit dem Schnitt nach vorne stapelst, kommst du nicht so leicht auf die Idee, sie doch nochmal anzuschauen.

Nachher: 280 Bücher

Letzten Endes konnte ich guten Gewissens mehr als 400 Bücher loslassen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich keins davon vermissen werde. In meinem Regal sind jetzt noch immer ca. 280 Bücher, noch immer teilweise ungelesen, doch mit einer weit besseren Aussicht darauf, dass sich das in absehbarer Zeit ändert. 

Du wünschst dir mehr Infos für deine eigene Ausmist-Aktion?

Im nächsten Artikel geht es darum, wie du die ausgemisteten Bücher loswerden kannst – und warum es nicht verwerflich sein muss, dabei rigoros vorzugehen.

Außerdem habe ich eine Liste erstellt, welche Bücher du direkt aussortieren kannst (mit Erklärung für ein ruhiges Gewissen und als vereinfachte Checkliste zum Ausdrucken), du findest sie in meinem Freebie-Bereich für Newsletter-Abonnenten. Dort erhältst du auch weitere hilfreiche Tipps und Materialien zu anderen Themen. Schau vorbei!


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