Nur wer daran glaubt, etwas schaffen zu können, wird auch etwas schaffen. Ganz gleich, ob es darum geht, seinen Haushalt auf die Reihe zu kriegen oder für mehr Gerechtigkeit in der Welt zu sorgen. Aber was, wenn das Gefühl von Selbstwirksamkeit angeknackst ist? Was kannst du tun, um wieder mehr davon zu erfahren? Das erfährst du in diesem Artikel.
Das Gefühl von Selbstwirksamkeit wächst Schritt für Schritt
Wer sich das Bein gebrochen hat, muss sich erst langsam wieder ans Laufen gewöhnen. Genauso funktioniert es auch, wenn wir das Gefühl der Selbstwirksamkeit zurückgewinnen wollen: Fang mit kleinen Schritten an und steigere dich dann langsam. Du wirst überrascht sein, zu was du alles in der Lage bist, wenn du dir die Zeit nimmst, dich darin zu üben.
Du hast keine Zeit, um irgendwas zu üben? Die Zeitfresser-Checkliste hilft dir, dich von unnötigen Aufgaben und fiesen Fokus-Fallen zu befreien!
Die folgenden Tipps helfen dir, mit einfachen Mitteln mehr Selbstwirksamkeit zu erfahren:
1. Bestätige dich selbst
Wir sind oft verunsichert, wenn wir von außen Kritik oder auch einfach gar keine Reaktion auf unsere Handlungen bekommen. Uns fehlt das Feedback, dass wir etwas gut gemacht haben.
Als Kind hast du das (hoffentlich) von deinen Eltern bekommen, jetzt bist du auf deine Freunde, Kollegen und deinen Partner angewiesen. Aber Moment, stimmt das überhaupt?
Es gibt noch jemanden, der dir bestätigen kann, dass du gut bist: Du selbst. Vielleicht kommt dir jetzt ein Bild in den Kopf von einer Irren, die mit verzweifeltem Blick in den Spiegel grinst und sich einredet: „Es ist alles gut! Das hast du gut gemacht, du bist ein gutes Mädchen! Jaja, alles gut …“ Das ist natürlich nicht Sinn der Sache 😉
Es geht nicht darum, dir irgendetwas schön zu reden, sondern dich selbst in dem zu bestärken, was wirklich gut ist. Wir neigen nämlich dazu, uns einseitig damit zu befassen, was wir alles falsch gemacht haben, und halten das dann intuitiv für eine angemessene Einschätzung. Diese Herangehensweise trainieren wir uns über Jahre hinweg an, indem wir Kritik ernst nehmen – was grundsätzlich sinnvoll ist -, ohne ihre allerdings ein Gegengewicht aus Selbstwirksamkeit zu geben – was zu großen Problemen führt! Dadurch trauen wir uns nämlich weniger zu, als wir eigentlich könnten.
Nimm dir also ruhig ab und zu etwas Zeit, um dich für deine Erfolge anzuerkennen. Eigenlob stinkt nur dann, wenn du es anderen unter die Nase reibst. Dir ab und zu im Spiegel ins Gesicht zu sagen, dass du ein wunderbarer Mensch bist, tut einfach nur gut.
2. Erkenne Selbstverständliches an
Die einfachste Übung, um Selbstwirksamkeit zu erfahren, habe ich von Veit Lindau gelernt. Er nennt sie das „Anerkennungsspiel“. Es besteht darin, die Dinge anzuerkennen, die du ganz selbstverständlich tust. Also wenn du etwas trinken willst, sage dir: „Ich nehme mir jetzt vor, etwas zu trinken.“ Dann tust du es und feierst deinen Erfolg: „Yeah, ich habe geschafft, was ich mir vorgenommen habe!“
Das fühlt sich zunächst komisch an, aber unterschätze nicht die Wirkung dieser Übung: Dein Gehirn bekommt dadurch einen frischen Datensatz für die Beweisakte „Ich kann was“. Darauf kann es dann auch in schwierigeren Situationen zurückgreifen, z.B. beim Bewerbungsgespräch.
Das kommt dir jetzt vielleicht unlogisch vor, weil du diese konkrete Situation dadurch ja nicht geübt hast, aber so funktioniert dein Gehirn nicht. Es drosselt den Stress grundsätzlich, weil in dir mehr Selbstwirksamkeit vorhanden ist. (Natürlich hilft es zusätzlich, dich auf eine konkrete Situation vorzubereiten, aber dafür musst du erst einmal ein Gefühl von Selbstwirksamkeit in dir haben.)
Mache diese Übung nicht nur einmal kurz, sonst geht der Effekt in dem Gefühl von „Voll bescheuert, was soll denn das bitte bringen?“ unter. Übe mehrere Tage hintereinander min. 10 Minuten am Stück mit allem, was du selbstverständlich tust: aufstehen, hinsetzen, Türen öffnen und schließen, Licht an und aus usw. (Erinnere dich auch mal daran, dass du das alles als Kind noch nicht konntest. Aber du hast es gelernt und jetzt ist es ganz einfach.)
3. Suche dir Vorbilder
Du musst nicht alles selbst erlebt haben, um ein Gefühl dafür zu kriegen, was möglich ist.Wenn jemand, der dir ähnlich ist, etwas hinkriegt, dann fällt es dir leichter, dir vorzustellen, wie du es auch schaffst.
Auch uns mit jemandem zu vergleichen, der es schlechter hat als wir, kann sehr hilfreich sein, weil es das Argument aushebelt: „Ja, wenn ich so reich/schön/privilegiert … wäre, könnte ich das auch!“.
Wenn ich z.B. Angst davor habe, unter bestimmten Umständen unglücklich werden zu müssen, dann erinnere ich mich an Viktor Frankl: Der hat nicht mal im KZ seinen Lebensmut und seine positive Einstellung verloren! Sein Buch heißt passenderweise „Trotzdem Ja zum Leben sagen“*. Er fiel zwar nach seiner Befreiung in ein Loch, weil seine Frau inzwischen gestorben war, doch auch da hat er es wieder raus geschafft und vielen Menschen Mut gemacht.
Ein anderes Beispiel ist Nick Vujicic, der ohne Arme und Beine erfolgreich geworden ist.
Sogar Menschen, die wir nicht leiden können, können uns zu mehr Selbstwirksamkeit verhelfen. Wenn wir jemanden blöd finden und derjenige etwas schafft, können wir uns sagen: „Na, wenn der das kann, dann kann ich das auch!“
Komm raus aus deinem Frust, lass den Neid fallen und hole dir deine Selbstwirksamkeit zurück!
4. Führe ein Tagebuch
Wir sind biologisch darauf ausgelegt, dass Probleme in unserem Gehirn präsenter sind als Erfolge. War früher auch sinnvoll, denn wenn wir gleich vom Säbelzahntiger gefressen werden, ist es vollkommen egal, dass wir gestern so viel Beute gemacht haben. Heutzutage werden wir jedoch von anderen Dingen gefressen: Von Stress und Sinnlosigkeit. Und gegen die verteidigen wir uns am besten mit – du ahnst es schon – Selbstwirksamkeit.
Deswegen ist es wichtig, uns immer wieder in Erinnerung zu rufen, was wir alles schon getan und bewältigt haben. Dafür braucht es nicht viel, ein paar Minuten am Tag (oder auch in der Woche, wobei ich die tägliche Rückschau empfehle), in denen du dir aufschreibst, was du alles an diesem Tag gemacht hast.
Such dir dabei selbst aus, wie ausführlich du sein willst. Manche Menschen mögen es, ihrem Tagebuch regelmäßig Briefe zu schreiben, manche tragen sich noch schnell jeden Tag drei Dinge ein, für die sie dankbar sind, andere malen ihre Stimmung des Tages mit Smileys daneben.
Mach es dir nicht zu schwer: Lieber hast du nur ein paar Stichworte dastehen, als dass du nach drei Tagen wieder aufhörst, weil es dir zu viel wird. Ich empfehle dir allerdings, ab und zu wieder in deine Aufschriebe hinein zu lesen und dich zu erinnern, worum es ging. Eine pure Auflistung deiner To-do-Liste von diesem Tag ist nur wenig sinnvoll. Bringe ruhig Emotionen rein: Worüber hast du dich gefreut? Was hat dich nachdenklich gemacht? Was hast du erlebt?
Tipp: Kauf dir einmal ein vorgefertigtes Tagebuch mit Feldern für verschiedene Themen, und wenn du nicht begeistert bist, mache dir mit den Inspirationen daraus ein eigenes, das dir ganz entspricht. Du kannst auch ganz viele Anleitungen im Internet finden, wie du dir ein vielseitiges Notiz- und Tagebuch für deine eigenen Bedürfnisse anlegst, das Schlagwort dazu ist Bullet Journal. (Lass dich nicht davon abschrecken, wie verkünstelt viele Bullet Journals aussehen, du musst gar nichts!)
5. Suche die Herausforderung in geschütztem Umfeld
Viele Menschen tun erst dann etwas Neues, wenn sie dazu gezwungen werden, z.B. weil sie einen neuen Job brauchen. Dann ist aber jedes Scheitern gleich eine Katastrophe. Mach es dir einfacher, indem du auch vorher schon in geschützter Umgebung ein paar Schritte aus deiner Komfortzone wagst.
Wer schonmal im Live-Rollenspiel einen Angriff auf einen Nekromanten kommandiert hat, tut sich auch leichter damit, souveräner mit seinem Boss umzugehen. Der spielerische Kontext ist doppelt effektiv: Wenn es misslingt, ist nichts verloren, und wenn du es schaffst, weißt du wieder mehr, was du alles kannst.
Wichtig: Achte darauf, nicht das Gegenteil zu üben, indem du dir mit jedem Scheitern beweist, dass du nichts taugst! Wenn du dazu neigst, nur deine Misserfolge zu sehen, kann es passieren, dass dein Gehirn nach weiteren „Beweisen“ dafür sucht und du eine schwere Aufgabe nach der anderen annimmst, damit du daran scheiterst. (Ist fies, aber so läuft es leider manchmal.) Gehe dann lieber einen Schritt zurück und gewöhne dich langsam daran, dir wieder mehr zuzugestehen.
Fazit
Du schaffst ständig mehr, als dir bewusst ist. Dir allein diese Dinge bewusst zu machen, kann deinem Gefühl von Selbstwirksamkeit einen starken Boost geben. Lerne von anderen und übe spielerisch, dann wird es dir bald leichter fallen, auch im Ernstfall souveräner zu sein. Deine Selbstwirksamkeit unterstützt dich dabei.